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AbendSchöner

Zwischenton


 

 


August 2015

In diesen Tagen stehen Proben mit der Band an. Und ich mache mich jetzt gleich auf den Weg in den Proberaum. Nein, wir haben keine Jubiläumsfeierlichkeiten geplant. „35“, das ist doch irgendwie zunächst auch mal nur eine abstrakte Zahl, eins weniger als 34 und eins mehr als 36. Und ich habe es allgemein nicht so mit Jubiläen. Aber irgendwie freue ich mich dann doch über die „35“ und vor allem auch, dass Ihr da draußen uns schon so lange begleitet, uns die Treue haltet, dass wir für Euch aufspielen können. Und dass Ihr immer noch mehr werdet. Das ist ein Geschenk. So werde ich gleich den Umweg über die Tankstelle nehmen, mich dort mit einigen Sixpacks eindecken und mit ihnen dann den Rest der Bande beglücken … Euch allen viel Freude mit dem Artikel von Elisabeth Vogel, die unser Märchen aus Anlass der „35“ so schön zu Papier gebracht hat.

Euer Wolfgang A.

Das Märchen von einer Kleinen Kirche, die Flügel trägt, das Wirklichkeit wurde

Es war einmal, man schrieb das Jahr 1980, ein damals noch blutjunger Musikant und Rockpoet Wolfgang Abendschön mit seiner kleinen Schüler-Rock`n Roll-Kapelle namens AKZENTE. Er hatte sich vorgenommen, auf eine ökumenische Reise zu gehen, um mit seinen Zwischentönen und einem gekonnten Schuss Rock & Gospel die alten Weisheiten der christlichen Traditionen neu zu entdecken und in eine Welt einzutauchen, irgendwo dort, wo es sich gut anfühlt, wo sich Verbundenheit und Verschiedenheit, Lebenskraft und Zweifel, Lachen und Weinen einen weiten Entfaltungsraum suchen.

Mitten im Herzen seiner Heimatstadt Karlsruhe in der Kleinen Kirche beim Marktplatz, der ältesten Kirche der Stadt, fanden der ökumenische Pionier und seine Spielleute ein wunderschönes und geschichtsträchtiges Zuhause. Die Sehnsuchtspilger entdeckten einen anderen Glauben mit einem besonderen Geist, der uns immer noch die Schönheiten eines anderen Lebensentwurfes aufzeigen kann. Aber sie wollten mit ihren anderen Tönen auch weit über die Kirchen- und Stadtmauern hinaus fliegen. Dabei lag es ihnen von Anfang an am Herzen zu sagen: Wir spielen heute an einem Tag, der größer als gewöhnlich ist, nur wegen dir. Weil du Christ bist, weil du Jude bist, weil du Moslem bist, weil du Atheist bist, weil du anders bist. Unsere Zwischentöne fragen nicht, wo kommst du her, was bringst du mit. Sie wollen Heimat für viele, Lebenslust und Lebensfreunde sein. Und ein zuversichtlich stimmendes Plädoyer für Humanität, Respekt und Vielfalt. Es ist schön, dass es dich gibt. Und so geschah es.

Die Jahre gingen ins Land. Und die Menschen strömten in Scharen zu den Auftritten. Und als die Kleine Kirche wegen des großen Andrangs aus allen Nähten zu platzen drohte, traf es sich gut, dass gleich um ihre Ecke die Karlsruher Stadtkirche am Marktplatz stand, eine wunderschöne Weinbrennerkirche, die auch die Badische Bischofskirche ist. Und so gehen heute die Kleine Kirche und die Stadtkirche am Marktplatz und Wolfgang Abendschöns verrockte AKZENTE eine ganz besondere und außergewöhnliche Verbindung ein.


Die Stadtkirche am Marktplatz Karlsruhe

Immer wieder lud Wolfgang Abendschön auch Gäste ein, die viele Berührungspunkte mit seinen Zwischentönen haben. So waren unter vielen anderen z.B. auch die Theologin Dorothee Sölle, der Benediktinermönch Pater Anselm Grün, der Schauspieler Dietmar Schönherr, der Journalist Franz Alt, die Journalistin Wibke Bruhns, der Schriftsteller Herbert Rosendorfer, der Schriftsteller Bernhard Schlink, der Benediktinermönch Abt Odilo Lechner, der Theologe Fulbert Steffensky, die Schriftstellerin Alissa Walser, der Arzt Dietrich Grönemeyer, die Frauenrechtlerin Schwester Lea Ackermann, die Theologin Margot Käßmann, der Schriftsteller Arnold Stadler, der Karikaturist Tiki Küstenmacher, der Kapuzinermönch Bruder Paulus Terwitte, der Maler Emil Wachter, der Mundartautor Harald Hurst und die Primaballerina Birgit Keil mit dabei.

Es kam Freude auf, als die Presse schrieb, dass die „beiden ehrwürdigen Kirchen von dem so wunderbar phantasievollen Rockpoeten aus ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst wurden“. Und dass Wolfgang Abendschöns „andere Töne von der Schönheit der Schöpfung, vom Erwachen des Frühlings, von Lebenslust und Lebensfreude die Besucher in jubelndes Staunen stürzen“. Und die Presse schrieb, dass „die beiden Kirchen so etwas wie ein Wohnzimmer und eine kreative Spielwiese“ für die AKZENTE-Band geworden sind, „in denen die Musikanten inzwischen jede Steckdose kennen“.

In der Tat, viele der Programme, die sie in den beiden Kirchen spielten, standen dann später Pate für ihre inzwischen weit mehr als tausend Live-Konzerte irgendwo da draußen, auch auf den deutschen Katholikentagen, den evangelischen Kirchentagen und den ökumenischen Kirchentagen. Und viele von Wolfgang Abendschöns Songs aus seinen inzwischen schon zehn Musikalben wurden zum ersten Mal in einer der beiden Kirchen auf den Laufsteg geschickt.


Die Kleine Kirche Karlsruhe

Tja, und wenn sie nicht gestorben sind, dann heißt es schon bald wieder „Vorhang auf“ auch in der Kleinen Kirche und in der Stadtkirche am Marktplatz Karlsruhe für Wolfgang Abendschön und seine AKZENTE.
Cheerio auf das Leben und die nächsten 35 Jahre! Mindestens …

Text: Elisabeth Vogel
Foto Stadtkirche am Marktplatz Karlsruhe: Alabiso
Foto Kleine Kirche Karlsruhe: Ralf Ammann


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